12. Februar 2020
„Wer von euch hat schon mal Mobbing mitbekommen?“ Zwei Drittel der Schüler zeigen auf. Philipp Burkhard Winkler vom Krefelder Kresch Theater stellt die Frage in der Bibliothek der Liebfrauenschule Mülhausen. Vor ihm sitzen rund 60 Siebtklässler des Gymnasiums. Sie haben kurz vorher im Klassenraum das Theaterstück „Out! Gefangen im Netz“ erlebt, in dem es um Cybermobbing geht. Philipp Burkhard Winkler spielt in der 45-minütigen Inszenierung die Hauptrolle. Es geht um eine junge Frau, etwa im Alter der Siebtklässler, die Opfer von Cybermobbing wird und am Ende im Krankenhaus landet. Im Anschluss an das Schauspiel reflektieren die Schülerinnen und Schüler das Thema beim Nachgespräch in der Bibliothek.
Philipp Burkhard Winkler stellt schwierige Fragen, auf die sich schnell eine rege Diskussion ergibt. „Wie fühlst du dich alleine an der Tafel?“ „Habt ihr mit oder über einen gelacht?“ „Was ist der Unterschied zwischen Streit und Mobbing?“ „Warum musst du jemanden beurteilen?“ „Mit wem redest du über Mobbing?“ Der 28-jährige Schauspiel-Absolvent der Kölner Schauspielschule Arturo lockt die Heranwachsenden aus der Reserve. Nicht, um sie bloßzustellen, sondern um sie aufzufangen in ihrer emotionalen Not. Einige werden rot, andere lächeln verschämt, einer spielt den Clown, die Nachbarin ist den Tränen nahe. Harte Kost an diesem stürmischen Vormittag, an dem draußen „Sabine“ wütet, hier in der Bibliothek ein Schauspiel aufgewühlte junge Seelen erzeugt. „Ich find‘s gut, dass ihr drüber sprecht“, nimmt Philipp Burkhard Winkler den Siebtklässlern die Angst, sich zu outen, kritische Situationen anzusprechen und offen miteinander umzugehen. Gewalt mit Worten, Ausgrenzung, Diskriminierung, Gruppenzwang, Unsicherheit, Angst und Verzweiflung werden angesprochen. Deutlich wird, welchen Gefahren die Schülerinnen und Schüler heutzutage durch das Internet ausgesetzt sind und wie wichtig es ist, verantwortungsvoll und zurückhaltend damit umzugehen.
„An jedem Unfug, der passiert, sind nicht nur die schuld, die ihn begehen, sondern auch die, die ihn nicht verhindern.“ Den Erich-Kästner-Spruch hat der junge Schauspieler zu Beginn seines szenischen Monologs aufs Whiteboard geschrieben. Eine Stunde später entwickeln die Liebfrauenschüler Szenarien, wie sie sich gegen Cybermobbing stemmen. Wie wichtig es ist, deutlich „nein“ zu sagen, wenn jemand grinsend mit dem Handy filmt und die Geschichte peinlich zu werden droht.
„In den Vorjahren haben wir immer einen Autor eingeladen, diesmal arbeiten wir zum ersten Mal mit dem Kresch Theater zusammen“, berichtet Deutschlehrerin Heidi Dahl, die das Siebtklässler-Projekt leitet. Auch diesmal geht es um Prävention und Mobbing. Der Kresch-Kurs bei allen vier Siebener-Klassen hat bei den Liebfrauenschülern Spuren hinterlassen. Gestärkt gehen sie jetzt in die nächste Unterrichtsstunde. Pädagogik mit Mehrwert.