Bericht: Lampenfieber bei jeder Choreografie

27. Januar 2023

Tanz an der Liebfrauenschule

„Ich habe gelernt, aus mir herauszugehen und die Schüchternheit ein wenig abzulegen.“ Christin Küsters macht eine Minute Pause beim Training in der großen Sporthalle der Liebfrauenschule Mülhausen. Die 18-jährige Abiturientin hat das Tanzprofil belegt und besucht den Oberstufen-Grundkurs ihrer Lehrerin Barbara Pink-Schneider. Zusammen mit 13 Mitschülerinnen ist heute die renommierte Tanz- und Theater-Pädagogin Silvia Behnke zu Gast. Jeweils eine Schulstunde lang befasst sich die Balletttänzerin mit den Q2 und den Q1-Schülerinnen des Tanzprofils. Zunächst dürfen die Q2-Kursteilnehmerinnen die ehemalige Solotänzerin der Vereinigten Städtischen Bühnen Krefeld/Mönchengladbach mit Fragen löchern.

„Was macht für Sie die Faszination des Tanzes aus?“ „Warum ist der Konkurrenzkampf beim Ballett so groß?“ „Wie sind Sie überhaupt zum Tanzen gekommen?“ Die gebürtige Lübeckerin Silvia Behnke berichtet, dass ihre tanzbegeisterte Mutter sie ans Ballett herangeführt hat, das Tanzen für Sie mehr Kunst als Sport ist und der Konkurrenzkampf durchaus auch kollegial gemeint sein kann. Nach 40 Partien, die sie als Solotänzerin mit Bravour gezeigt hat, nennt Silvia Behnke Stücke wie „Der Widerspenstigen Zähmung“, „Schwanensee“, „Feuervogel“ sowie ihre erste Choreografie „Nussknacker“ als ihre Lieblinge.
Im Anschluss geht‘s auf Socken auf den Hallenboden, der sich nun für eine halbe Stunde zu einem Tanzstudio verwandelt. Vor dem Spiegel und mit Silvia Behnke als Vortänzerin vor Augen studieren die Liebfrauenschülerinnen zunächst als Warm-up ein paar Übungen gemäß der Bewegungsgrundformen Gehen-Laufen-Hüpfen-Federn ein, bevor es flotter und flotter wird mit Ballettfiguren, die bereits ein beachtliches Können voraussetzen. Die Abiturientinnen beweisen, dass sie im Tanzprofil mit wöchentlich zwei Stunden einiges gelernt haben und bleiben der Tanzpädagogin nichts schuldig.
Für Christin Küsters ist der Besuch einer Profi-Balletttänzerin ein besonderes Erlebnis. „Für mich ist Tanzen Hobby. Ich bin glücklich, dass ich das Tanzprofil in der Schule belegt habe, weil ich mich hier weiterentwickeln kann und viel Neues gelernt habe“, sagt die Wachtendonkerin. Bei einigen ihrer Mitschülerinnen ist erkennbar, dass sie bereits eine jahrelange Ballett-Ausbildung in einem Studio hinter sich haben. Für die Zwölftklässlerin Christin ist es eine Herausforderung, auf diesem Niveau mitzuhalten, neben ihrem Körper trainiert sie ihr Selbstbewusstsein. „Ich fühle mich toll mitgenommen und habe den Eindruck, dass ich von mal zu mal besser werde.“
Zuvor im Interview mit Silvia Behnke hat Christin erfahren, dass selbst eine versierte Ballerina mit 21-jähriger Erfahrung als Solotänzerin vor jeder Aufführung Lampenfieber hat und eine Produktion sechs bis acht Wochen braucht, um am Ende auf der Bühne vor Publikum zu bestehen. Wille, Ehrgeiz, Widerstandskraft, Teamfähigkeit, Einfühlungsvermögen sind, so Silvia Behnke, ebenso wichtig wie das technische Können im Zusammenspiel von Muskeln und Knochen. Solche Worte motivieren Christin und die anderen 13 Liebfrauenschülerinnen. „Es macht einfach Freude zu sehen, wie sich die Tanzprofil-Teilnehmerinnen entwickeln und mit welcher Begeistertung sie Woche für Woche zum Unterricht kommen“, sagt Barbara Pink-Schneider. Entsprechend groß ist jetzt die Vorfreude, wenn es als ein Highlight im Tanzprofil-Jahr mit 47 Schülerinnen zum Ballettabend „Der Sturm / Ein Sommernachtstraum“ in einer Choreografie von Robert North ans Krefelder Stadttheater geht.
Barbara Pink-Schneider unterrichtet seit 15 Jahren an der Liebfrauenschule und hat dort das Tanzprofil etabliert. Die Kempenerin hat früher selbst Gardetanz, Modern Dance und Jazzdance betrieben und an der Ruhr-Universität Bochum das Spezialfach Tanz belegt. Die Sport- und Erdkundelehrerin reiht sich bis heute gerne zu ihren Schülerinnen ein, wenn Silvia Behnke bei ihren jährlichen Besuchen in Mülhausen loslegt und die Sparte Ballett in einem Tanzworkshop vorstellt. Mit zunehmender Dauer der Tanzstunde unter Profi-Bedingungen ist zu spüren, dass sich die jungen Frauen um Christin mehr und mehr an die eigentliche Königsdisziplin herantrauen - Improvisation. Und so verströmt die Sportstunde zum Finale hin tatsächlich einen Hauch von Esprit und Kunst.

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