17. November 2021
„Nichts war in Auschwitz berechenbar. Die Kinder hatten die Realität schnell erkannt, den Tod ständig vor Augen.“
Es waren Sätze wie diese, die am Dienstagvormittag die fallende Stecknadel in der Kapelle der Liebfrauenschule Mülhausen hörbar machten. Alwin Meyer las vor Neuntklässler*innen und Oberstufenschüler*innen aus seinem Buch „Vergiss Deinen Namen nicht: Die Kinder von Auschwitz“. Nach 2019, als der heute 71-Jährige sein Buch in der Bibliothek vorgestellt hatte, war der Autor nun zum zweiten Mal zu Gast in Mülhausen.
„Ich fand die Lesereihe vor drei Jahren in Grefrath und Kempen so wertvoll für die Schüler*innen, dass ich beim Kreis Viersen beim Fond ,Demokratie leben‘ beantragt habe, dass Alwin Meyer uns in der Region wieder besuchen darf und an mehreren Schulen die Lesung halten kann“, berichtet Janna Bailey, die an der Liebfrauenschule Mülhausen Politik, Geschichte und Englisch unterrichtet. Der gebürtige Cloppenburger Alwin Meyer, der heute in Berlin lebt, hat nun an zwei Tagen am Niederrhein insgesamt vier Schulen besucht und am Dienstagabend auch eine öffentliche Lesung im Kempener Kulturforum Franziskanerkloster gehalten.
Spannend waren die Berichte von Alwin Meyer insbesondere für die Neuntklässler in der Liebfrauen-Kapelle. Sie behandeln zurzeit in Geschichte die Zeit des Nationalsozialismus. Bei Darstellungen beispielsweise über den berüchtigten Nazi-Arzt Josef Mengele, der jüdischen Kindern ätzende Flüssigkeit ins Auge träufelt, damit aus Braun Blau wird, stockte einigen der Atem. Alwin Meyer sprach auch darüber, wie er im Laufe seines Journalistenlebens 30 Länder bereist hat, um insgesamt 80 Auschwitz-Überlebende zu treffen. Darunter auch Channa Loewenstein, geborene Markowicz, die der Autor rund 20 mal besucht hat. „Leider ist sie vor zwei Jahren gestorben“, so Alwin Meyer.
Auch über sein Motiv, warum ihn das Schicksal der jüdischen Kinder aus dem Konzentrationslager Auschwitz so beschäftigt, erzählte Alwin Meyer den Heranwachsenden detailliert und lebhaft. „Ich war mit 21 Jahren das erste Mal in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Das hat mich so ergriffen, dass es mich zeitlebens nicht mehr losgelassen hat.“ Für mehrere hundert Schüler*innen war es eine ebenso lehrreiche wie nachdenklich machende Unterrichtseinheit jenseits von Klassenzimmer und Geschichtsbuch.