Bilder des Schreckens

18. April 2018

Niederrhein, 17.04.2018 - „Wie lange brauchen Sie für ein Bild?“ Auch solche Fragen haben Mülhausener Liebfrauenschüler dem irakischen Künstler Ammar Abdal am Dienstag Vormittag gestellt. Der 35-Jährige gehört der religiösen Minderheit der Jesiden an und ist Anfang 2017 vor dem Islamischen Staat geflohen.

In der Kapelle der Liebfrauenschule Mülhausen stellte der Mann aus Mossul nicht nur seine großformatigen Ölbilder vor, sondern suchte über den aus Syrien stammenden Dolmetscher Wesam Georges auch das Gespräch mit den Oberstufenschülern des Grefrather Gymnasiums.

Rund 200 Schülerinnen und Schüler waren beeindruckt von der Persönlichkeit und Ausstrahlung des Künstlers. Die Ölbilder thematisieren einerseits die Gräueltaten des IS, dokumentieren andererseits aber auch die herausragende ästhetische Qualität eines modernen Malers aus dem Mittleren Osten. Teils naturalistisch, teil der Fantasie entsprungen, berichten die farbgewaltigen Tafeln von einer Welt im Osten, die von Krieg, Vertreibung, Gewalt, aber auch Glaube, Liebe und Hoffnung geprägt ist.

 

Die Brücke zur Liebfrauenschule Mülhausen hatte die örtliche Flüchtlingsorganisation „Grefrath hilft“ gebaut. Über deren Initiative lebt Ammar Abdal seit einigen Monaten in Grefrath. Im Mai startet der Absolvent der Almussil Universität der schönen Künste im Irak seinen Integrationskurs in der Niersgemeinde. „Wir suchen gerade für ihn eine Wohnung und auch ein Atelier“, berichtet Flüchtlingshelfer Eckhard Klausmann.

Trotz der nach wie vor bestehenden Bedrohung durch IS-Terroristen geht der Iraker in die Offensive und berichtet der Weltöffentlichkeit von dem grausamen Krieg, der nach wie vor sein Land beherrscht. Abdal berichtete in Mülhausen, dass vermutlich 3400 Jesiden ermordet worden sind, was auch der Fund eines Massengrabs mit 1300 Jesiden belegt. „Dieser Mann bekämpft das Grauen mit dem Pinsel“, sagte der Terrorismus-Experte Rolf Tophoven in seiner Einführung in der Liebfrauen-Kapelle. 400.000 Jesiden haben wie Abdal ihr Land verloren, 167.000 leben nach wie vor in Notunterkünften. Entgegen anderslautender Nachrichten sagte Tophoven: „Der Terrorstaat IS ist noch nicht besiegt, zumindest ideologisch nicht.“

Schulleiter Lothar Josten bedankte sich bei Ammar Abdal für dessen Besuch und sensibilisierte die Liebfrauenschüler für die religiöse Problematik. Josten: „Seit Jahrtausenden gibt es Konflikte und Kriege, weil Menschen daran gehindert werden sollen, ihre eigene Religion auszuüben. Das Christentum hat von Anfang an alle Menschen ob Mann oder Frau, gleich welcher Nation oder Religion als Kinder Gottes als Schwestern und Brüder bezeichnet.“

 

 

Zu den Bildern:

Ammar Abdal mit Dolmetscher Wesam Georges beim Schülergespräch in der Liebfrauenkapelle; und vor dem Bild „Tapfere Frau“, das einer wahren Geschichte entspringt: Die Einwohner des Isidine Gebiets beim Berg Sinjar wurden im August bei 50 Grad Celsius 15 Tage belagert, sie hatten nichts zu essen oder trinken. Die dargestellte bewaffnete kurdische Frau hat entscheidend dazu beigetragen, dass die Belagerten befreit wurden.



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